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Gedanken zur Schwarz-Grünen Kooperationserklärung

Das spannende an der Zusammenarbeitserklärung zwischen CSU und Grünen ist nicht, was darin steht – sondern, was nicht darin steht. Mit keinem Wort wird der „Strukturwandel“ erwähnt, in dem sich die Auto-Industrie und die in Schweinfurt ansässigen Zulieferer befinden. Das ist kein Wunder, denn auch das Wort „Industrie“ kommt nicht ein einziges Mal in dem Dokument vor. Dass die Stadt an Wettbewerbsfähigkeit im Standortwettbewerb verliert (eindrucksvoll belegt durch das Abstürzen von Rang 49 auf Rang 112 von den Regionen in Deutschland im Prognos Zukunftsatlas seit 2013), wird auch nicht erwähnt, vielleicht weil auch die Worte „Wettbewerbsfähigkeit“ oder „Standortwettbewerb“ in dem Dokument fehlen. 

Das ist bemerkenswert! „Dass Schweinfurt mit über 20 000 industriellen Arbeitsplätzen besonders abhängig ist vom Wohl und Wehe der Automobilzuliefererindustrie ist kein Geheimnis“ (SW Tagblatt vom 3. Feb 2020), bei CSU und Grünen ist das wohl nicht angekommen. Für den zukünftigen Wohlstand der Stadt, die Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Anziehungskraft für junge Menschen, die sich niederlassen wollen, ist das Wohl und Gedeihen der Industrie von zentraler Bedeutung. Hier aggressiv zu sein, die Attraktivität Schweinfurts für Neuansiedlungen zu stärken und sicherzustellen, dass bestehende Bereiche der Industrie in Schweinfurt verbleiben, ist die zentrale Zukunftsfrage für Scheinfurt. Hieran werden wir uns von zukünftigen Generationen messen lassen müssen. 

Das diese zentralen Punkte in der Vereinbarung noch nicht mal angesprochen werden, kann nur zwei Gründe haben. Beide wären höchst besorgniserregend:

  1. Entweder ist den handelnden Parteien die Situation und Kritikalität dieser Themen nicht bewusst. Dies ist schwer vorstellbar, da die Probleme kaum übersehbar sind und auch wiederholt, teils durch meine Anträge, im Stadtrat diskutiert worden sind – aber doch möglich. Dies wäre kein gutes Zeichen, weil wir sicherlich nicht mehr die Zeit haben erst langsam die Erkenntnis für diese Probleme aufzubauen – wir müssen uns jetzt um Lösungen kümmern.
  2. Die Parteien sind sich der Kritikalität dieser Fragen bewusst, konnten sich aber nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Dies ist die noch schlimmere Alternative, denn dann werden wir 6 Jahre Stillstand einstellen, in diese kritischen Themen, da nicht konsensfähig, einfach geparkt werden. 

Das uns „wirtschaftlich schwere Zeiten“ bevor stehen, ist aber anscheinend auch an CSU/ Grünen nicht vorbei gegangen – deswegen bekennen Sie sich auch zu einer Weiterführung der „Stadtentwicklung“. Hier horcht man auf und denkt, dass vielleicht doch noch Aussagen dazu kommen, wie man Arbeitsplätze und Gewerbesteuern in Schweinfurt sichern und erweitern möchte. Doch was verbirgt sich dahinter? Die Fortführung der bereits geplanten Askren Manor Konversion, den Bau des Kulturforums, ein Parkhausneubau (!) und Internationale Städtepartnerschaften. Zwar wird auch die Attraktivitätssteigerung der Innenstadt versprochen, was löblich ist, aber auch nicht helfen wird die „wirtschaftlich schweren Zeiten“ besser zu meistern. Einzig der Ausbau des Wissenschaftsstandorts zahlt zumindest langfristig auf den Strukturwandel ein – aber auch hier wird nichts Neues angestoßen, sondern soll nur bereits Geplantes umgesetzt werden. Und was hilft dies, wenn die gut ausgebildeten Studienabsolventen dann aus Schweinfurt wegziehen müssen, weil sie hier keinen Job finden? 

Für 6 Jahre Stillstand bei diesen kritischen Fragen haben wir als Stadt einfach keine Zeit mehr – bis dahin sind wichtige Standortentscheidungen getroffen und wir können auf die Überbleibsel der Industrie in Schweinfurt schauen. Wenn auch anscheinend bei CSU/ Grünen keine Notwendigkeit darin gesehen wird, unsere wirtschaftliche Basis aufrechtzuerhalten und zu unterstützen, so wird die FDP in Zukunft verstärkt darauf achten und als Opposition immer wieder den Finger in diese Wunde legen – so kann man hoffen, doch zumindest noch ein wenig Bewegung in dieses Thema zu bringen.


12. Mai 2020

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